Rückblick- die letzten 6 Wochen
Ich erinnere mich wie gestern daran, als ich mich am
Flughafen von meinen Liebsten verabschiedet habe. Meine Eltern, meine Brüder
und Marc. Es war unglaublich schwer und ich dachte, dass ich dadurch viel
Heimweh haben würde, aber ich kann zum Glück sagen, dass alles halb so wild
ist, wie man am Anfang meint. Es ist immer noch sehr schön mein Abschiedsbuch
anzusehen, auch wenn es ein wirklicher Abschied von einigen „Freunden“ war und
nicht nur ein Abschied auf Zeit. Aber genauso bin ich von manchen Freunden
überrascht mit ihnen im Kontakt zu stehen, denn bei denen dachte ich eher, dass
wir uns aus den Augen verlieren. „There is always a Good in Goodbye“
Die Trainingsschool lasse ich nun aus, denn davon hab ich
genug berichtet und sie trägt nicht wirklich zu meinem Text bei. In der Familie
angekommen, habe ich mich sehr wohl gefühlt, auch wenn ich geweint habe. Es ist
wirklich so, alles bleibt unreal und wie ein Urlaub bis man in seinem eigenen
Zimmer steht und man sich noch nicht vorstellen kann, dass man nun dort für ein
Jahr lang leben wird. Meine Familie hat sehr viele Ecken und Kanten, aber ich
bin froh, dass ich nicht allzu viel von den extremen Problemen abbekomme, auch
wenn mir da die anderen wirklich leidtun.
Mit den Kindern komme ich immer besser klar. R (das Mädchen)
war am Anfang sehr anhänglich, hat sich dann eher distanziert und wollte
wissen, wie weit sie die Grenzen ausschöpfen kann. Da dies nicht funktionierte,
hatten wir viele Auseinandersetzungen. Aber sie fängt an meine Regeln zu
akzeptieren und ich gewinne ihr Vertrauen von Tag zu Tag mehr. Sie macht
wirklich immer was man ihr sagt, die Hausaufgaben bereiten ihr Schwierigkeiten,
also die Konzentration, aber ich glaube, dass es auch daran liegt, dass sie diese
Probleme in der Schule hat und im Moment nicht gerne dahin geht, auch wenn sie
wirklich gut sein könnte. Aber das kenne ich selbst. Es ist schön, wenn R zu
mir kommt, kuschelt oder einfach nur da sein möchte. Heute Morgen hab ich zum
Beispiel nochmal die 8er Reihe abgefragt, es hat super funktioniert. Ich sagte
ihr, sie solle mir für diese gute Arbeit ein High five geben, aber sie kam und
knuddelte mich.
J (der Junge) bereitet da schon mehr Schwierigkeiten. Er
„vergisst“ immer alles, hört nicht zu und macht nicht das was er machen soll.
An ihn heranzukommen ist immer noch ein Kraftakt, aber ich hoffe dass ich es
hinbekomme, denn das würde für mich ein wahrer Erfolg sein. Ich mache schon
sehr langsam mit ihm und wiederhole alles 1000 Mal (die Kinder beim Sport wären
froh gewesen, hätte ich etwas zweimal gesagt), aber irgendwann ist es auch
genug und ich muss ihm Klipp und klar sagen was Sache ist und was er auf der
Stelle macht. Genauso wie R hat J keine Ausdauer bei Hausaufgaben und möchte
immer sofort weinen, sobald was falsch ist. Man muss daneben sitzen, die
Hausaufgaben zusammen machen und Fehler mit Witz und Spaß nehmen, dann klappt
das. Ich bin froh zu sehen, dass es klappt, wie meine Mama es mit mir und
meinem Bruder gemacht hat und traurig, dass sie das nicht kennen.
In dem Jahr lerne ich
wirklich die Art, wie meine Eltern uns erzogen haben, immer mehr zu schätzen.
Klar hasst man diese Art, wenn man Klein ist und fühlt sich falsch behandelt
und verstanden, aber eigentlich haben es meine Eltern nur gut gemeint.
Umarmungen und ähnliches sind nicht die liebsten Arten für
J, denn er hat das nie wirklich kennengelernt, sondern eher immer nur, dass er
stark sein muss und bloß nicht weinen. Ich glaube aber auch fest daran, dass
ich auch noch etwas näher an ihn rankomme.
An jedem Ende eines Tunnels ist Licht und ich werde weiter
mit den Kindern daran arbeiten, denn an sich sind es super Kinder. Man muss nur
herausfinden, wie man mit ihnen umgehen muss und man muss ihnen zeigen, was die
Regeln und Konsequenzen sind. Es ist nicht immer alles Sonnenschein und Kuchen
essen. Manchmal muss auch ich durchgreifen und böse werden, aber danach muss
auch gut sein. Man kann nicht immer auf alten Geschehnissen rumhacken. Man muss
sie abharken und neu Starten und wer schreit ist im Unrecht.
Ja die Mama. Ich weiß ehrlich nicht, wie ich sie einschätzen
soll. Sie ist absolut lieb, aber mit ihrem Leben und der Familie überfordert.
Sie schafft nicht den Haushalt zu schmeißen oder einzukaufen. Das Geschirr
steht da nun seit 4 Tagen. Sie hat richtige Angst vor ihrem Mann und es dreht
sich immer alles nur darum, dass ihn bloß niemand wütend macht. Wenn die Kids
etwas falsch machen und sie dabei ist, sagt sie nur, dass sie aufhören sollen,
damit sie keinen Ärger vom Papa bekommen und wenn sie etwas gut gemacht haben,
sollen sie es bloß Papa sagen, damit er stolz auf sie sein kann. Ich kann diese
Art und Weise nicht verstehen. Sie entschuldigt sich oft bei mir oder bedankt
sich für alles was ich tue. Jeden Abend. Ich höre es zwar auch gerne, aber
trotzdem laufen da auch einige Dinge falsch, da alles so unorganisiert ist. Ich
hab immer gerne Einkauf für die Familie mitgebracht oder auf eigene Faust den
Abwasch gemacht, aber seitdem ich gemerkt habe, dass sie es als
selbstverständlich aufgenommen haben, habe ich das sein gelassen.
Vor dem Vater habe ich jeglichen Respekt und Achtung
verloren. Wer schreit ist im Unrecht und erst recht, wie er mit seinen Kindern
umgeht, werde ich niemals für gut heißen, aber solange er das nicht mit mir macht,
ist es okay. Schließlich sind sie eine Familie und wenn die Mutter das so
akzeptiert, muss auch ich das und kann nichts daran ändern. Ich werde ihm schön
aus dem Weg gehen und meine Späße mit ihm machen, aber das war es auch schon.
Weder Frau noch Kinder müssen angeschrien werden und Kinder können noch gar
nicht verstehen, was mit Gefühlen, Worten oder ähnliches auf sich hat. Also
lieber Papa hör auf davon zu reden, dass man Gefühle nicht verletzten kann,
denn man kann Gefühle verletzen. Ich bin froh, dass er nett zu mir ist und
immer sehr freundlich, aber auf der anderen Seite finde ich es ein sehr
falsches Verhalten und halte einfach Abstand von ihm. Ich hab ihm nichts zu
erzählen. Er soll sein Ding machen und ich halte mich eher an Mama und Kids.
Freunde habe ich hier schon viele gefunden. Klar war ich
froh, dass schon Bekanntschaften in Deutschland geknüpft wurden und hier auch
relativ aufrecht erhalten werden, aber auch, dass ich hier in meinem Cluster
Lauri habe, oder schon Amerikaner auf der Party kennengelernt habe. Man muss
wirklich offen für alles sein, denn wenn nicht wird man niemals glücklich werden
und man wäre immer allein.
Man muss offen für neues sein, sich ein dickes Feld anlegen
und die Sachen hinnehmen, wie sie sind. Man kann weder die Familien, noch die
Erziehung ändern, aber man kann sein eigenes Verhalten ändern und den Kindern
in der Zeit eine schöne Erinnerung schaffen. Ich bin nicht hier her gekommen,
um irgendwas zu verändern, sondern zu sehen, wie die Familie lebt. Was ich
daraus bis jetzt gelernt habe? Dass ich niemals möchte, dass meine kleine Familie
irgendwann so wird. Ich möchte, dass meine Kinder mit Liebe, Geborgenheit und
Verständnis aufwachsen. Ich möchte, dass sie immer wissen, dass ich da bin und
ich mir immer die Zeit für sie nehme. Bei mir werden immer die Kinder an erster
Stelle stehen, erst dann kommt Geld oder der Haushalt. Ich kann mein Wohnzimmer
unaufgeräumt lassen, wenn mein Kind mich braucht und nicht andersrum.
Ich weiß einfach was ich möchte und was nicht.
Natürlich denke ich an meine Lieben zu Hause und vermisse
sie. Ich werde sie immer vermissen, egal wie lange ich hier bin, aber das macht
doch liebe aus oder? Das sich Gefühle nicht ändern, egal wie lange man
voneinander entfernt ist. Es ist ein Thema von Vertrauen und ein Test. Wer ist
wert ist zu warten und wer auf dich wartet. Nur das sind die richtigen Freunde,
die es verdient haben, meine Liebe zu spüren.
Don’t be
afraid of change.
You may end up losing something good,
but you will probably
end up gaining something so much better!
Hab keine Angst vor Veränderungen.
Du wirst eventuell etwas
Gutes verlieren,
aber du wirst sehr wahrscheinlich mit etwas viel besseren
enden.
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